Samstag, 4. Juni
Ich wache in einem kleinen 1-Zimmer-Appartement in Dresden auf. Vortags bin ich mit dem Zug von Graz angereist, um mich am ersten 600er vom neuen ARA Standort Dresden zu messen. Am Startpunkt angekommen, der Radrennbahn in Heidenau, die Anmeldung erledigt, bediene ich mich beim ausgezeichneten Frühstücksbuffet und erspähe kurz darauf schon das erste mir bekannte Gesicht. Die meisten kenne ich von den beiden vergangenen Teilnahmen der Le1000 du Sud.
Nach ausgiebigem Frühstück und Tratsch geht es recht unaufgeregt an den Start zu einer 600 km langen Rundreise zu „Böhmischen Dörfern und Burgen“.
Nach 50 km, ein Biathlonstadion und eine Rodelbahn links liegen lassend, erreiche ich den ersten Kontrollpunkt und befinde mich auch schon in Böhmen bzw. der Tschechei. Erstmals geht’s in eine schöne und schnelle Abfahrt.
Danach kommen die ersten für den Brevet namensgebenden Schlösser ins Blickfeld und die wunderschöne Böhmische Landschaft. Jede Menge Kegelberge rücken ins Blickfeld und die Straßen führen mit wenig Verkehr durch ein teils beeindruckend dichtes Grün.
Als nächstem Kontrollpunkt geht es zur Brauerei Královský Pivovar Krušovice und kurz darauf zur Burg Pürglitz. Danach geht es weiter zu einem der Höhepunkte der Tour zum Wallfahrtsort Svatý Jan pod Skalou. Hier taucht, sehr unscheinbar, ein Kloster auf, welches sich malerisch vor einer Felsformation in die Landschaft einfügt.
Weiter geht’s flussabwärts in einem herrlichen Tal zur Burg Karlstein. Hier sind bereits 222 km absolviert. Die Schwierigkeit an diesem Streckenabschnitt sind die kurz aneinandergereihten Anstiege. Die ebenfalls kurzen Abfahrten lassen einen nicht wirklich zur Erholung kommen, da der zum Teil schlechte Asphalt mich nicht zur Ruhe kommen lässt und immer etwas Konzentration erfordert.
An einer der zahlreichen Staudämme der Moldau genieße ich gemeinsam mit Michael, der mich schon eine Zeitlang begleitet, einen herrlichen Sonnenuntergang.
Etwas später in Benesov versorgen wir uns noch zu Abend in einem kleinen Laden, von denen es in Tschechien jede Menge gibt.
Irgendwann danach, bei Kilometer 300+, beziehen wir ein kleines feines Wartehäuschen und versuchen uns für den nächsten Tag auszuruhen. Gebettet auf meiner Isomatte und eingehüllt in meinen selbstgenähten Biwaksack schlafe ich hervorragend und überhöre frühmorgens den Wecker. Erst gegen halb sieben Uhr morgens fahren wir weiter. Nachdem wir bei Kilometer 385 unseren östlichsten Punkt erreicht haben geht es wieder zurück in Richtung Dresden.
Wir erreichen Kutná Hora, deren Altstadt zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Ich nehme mir vor, diese Stadt einmal ohne Rad zu besuchen. Bei einem kleinen Café erledige ich die Morgen-Hygiene und scherze mit ein paar anderen Randonneuren. Auf den nächsten 70 Kilometern können wir zu dritt sehr gut Strecke machen, da uns der Wind unterstützt und wir uns vorne gut abtauschen. Ich genieße diese schnellen Kilometer nach dem zum Teil mühevollen Vortag.
Der nächste Kontrollpunkt, das Schloss Stránov, verlangt ein kurzes Gravel Stück inkl. einer kleinen Wanderung für das Kontrollfoto. Zum Abschluss, vor Decin, steht nochmals eine kurze Kletterei mit rund 500 Höhenmetern an. Hier verabschiedet sich meine Apidura Tasche, deren Halterung sich von der Tasche ablöst. Zum Glück kann ich die Tasche bei Michael am Gepäckträger verstauen (Danke dafür!). So kann ich die restlichen 60 Kilometer sogar mit weniger Gepäck & Gewicht absolvieren 😊.
Den Abschluss entlang der Elbe finde ich sehr schön und er erinnert mich an einen vergangenen Radurlaub, wo ich den Fluss von Dresden kommend entlangfuhr. Angekommen in Heidenheim werden uns erstklassige Speisen und Kofola gereicht. Nach einem sehr unterhaltsamen Abend und einem Bier verbringe ich noch eine überraschend erholsame Nacht in der Turnhalle.
Danke Björn für die hervorragende, wenn auch anspruchsvolle Streckenführung und die außergewöhnlich gute Organisation, schon im ersten Veranstaltungsjahr.
Danke Michael für die äußerst unterhaltsame Begleitung bei diesem Brevet.
Einige Zahlen:
Distanz (inkl. Anfahrt): 638 km
Höhenmeter: 7.639 m
Dauer: 36:49 Stunden
fotos & text: stefan eferdinger